Frau sitzt auf ihrem Bett und überlegt, welches der Kleider in ihrem Schrank sie anziehen soll
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Die 4 Stadien des autoimmunen Typ-1-Diabetes (T1D)

Wie entsteht autoimmuner Typ-1-Diabetes (T1D)?

Wenn wir essen, nimmt der Körper die in der Nahrung enthaltenen Kohlehydrate, nachdem sie im Darm in Zuckerbausteine (Glukose) aufgespalten wurden, in die Blutbahn auf. Um hier für ein Gleichgewicht zu sorgen, misst die Bauchspeicheldrüse (Pankreas) ständig den Blutzucker:

up

Ist der Anteil an Glukose im Blut hoch, schüttet die Bauchspeicheldrüse das Hormon Insulin aus. Es sorgt dafür, dass die Körperzellen die Glukose aufnehmen und dass die Leber Zucker speichert.

down

Ist der Anteil an Glukose im Blut niedrig, wird das Hormon Glukagon ausgeschüttet. Dieses bewirkt, dass die Leber den gespeicherten Zucker wieder freisetzt.

Die insulinproduzierenden Zellen in der Bauchspeicheldrüse spielen eine wichtige Rolle bei der Regulation des Blutzuckers1

Bauchspeicheldrüse

  • Die Bauchspeicheldrüse ist eine etwa 15 bis 20 cm lange Drüse des menschlichen Körpers, die quer im Oberbauch hinter dem Magen liegt.
  • Spezialisierte Zellen in der Bauchspeicheldrüse produzieren das lebenswichtige Hormon Insulin, das direkt in die Blutbahn abgegeben wird.


Insulin

  • Das Hormon Insulin reguliert die Aufnahme von Zucker aus dem Blut in die Körperzellen
  • Insulin wirkt als einziges Hormon blutzuckersenkend und spielt dadurch eine wesentliche Rolle bei der Entstehung von Diabetes.


Blutzucker

  • Zucker ist ein wichtiger Energielieferant des Körpers.
  • Wenn Nahrung aufgenommen wird, wird diese im Darm unter anderem in Zuckerbausteine aufgespalten und ins Blut aufgenommen, so dass der Blutzuckerspiegel ansteigt.
  • Bei gesunden Menschen wird automatisch Insulin ins Blut abgegeben, um den Zucker aus dem Blut in die Zellen zu schleusen und dadurch den Blutzuckerspiegel zu senken.
Grafik: Die Bauchspeicheldrüse

Autoimmuner Typ-1-Diabetes (T1D) entwickelt sich in vier Stadien:
von Frühstadien (1 und 2) über die klinische Manifestation (3)2–5 bis zur Langzeitform (4)6

  • Die Entwicklung des T1D beginnt damit, dass das Immunsystem des Körpers aktiviert wird (zum Beispiel durch eine bestimmte Infektion) und das Immunsystem danach Strukturen für gefährlich hält, die bestimmten Strukturen des eigenen Körpers ähnlich sind.2–5,7

  • So entstehen sogenannte autoreaktive T-Zellen des Immunsystems, die insulinproduzierende Zellen (sogenannte Betazellen) angreifen und zu deren Tod führen.7,8

  • In der Folge werden von den Plasmazellen des Immunsystems (sogennante B-Zellen) Antikörper gegen körpereigene Substanzen, sogenannte Autoantikörper, gebildet.7
  • Die Diagnose eines Frühstadiums des T1D kann gestellt werden, wenn mindestens 2 unterschiedliche Autoantikörper nachgewiesen wurden.7–10

  • Wenn dennoch der Blutzuckerspiegel noch normal ist, spricht man von T1D im Stadium 1.2–5,7
Grafik: Stadium 1
  • Die autoreaktiven T-Zellen verursachen fortwährend weitere Schäden an den insulinproduzierenden Zellen und führen zu deren Tod.8,11

  • Inzwischen kann nicht mehr genügend Insulin gebildet werden, um immer einen normalen Blutzuckerspiegel zu erreichen, was zu einem Anstieg des Blutzuckerspiegels führen kann.8,10

  • Der T1D ist im Stadium 2, wenn mindestens 2 unterschiedliche Autoantikörper nachgewiesen wurden und wenn der Blutzucker nicht mehr normal ist, aber auch noch nicht so hoch, dass er Symptome hervorruft.2–5,7
Grafik: Stadium 2
  • Die Zahl der insulinproduzierenden Zellen hat soweit abgenommen, dass kaum noch oder sogar gar kein Insulin mehr gebildet wird.10,12

  • Die Folge ist ein stark erhöhter Blutzuckerspiegel, und die klassischen Symptome von T1D – wie Durst, häufiges Wasserlassen, extreme Müdigkeit, verschwommenes Sehen und Gewichtsverlust – können jetzt auftreten.8,10,12,14

  • Eine Therapie mit von außen zugeführtem Insulin ist erforderlich, um den Bluzuckerspiegel zu kontrollieren.13

  • Ein T1D im Stadium 3 liegt vor, wenn ein Autoantikörper oder mehrere vorliegen und der Blutzucker so hoch ist, dass meistens Insulin verwendet werden muss.2–5,7


* Bei einigen Patienten können Autoantikörper in Stadium 3 T1D fehlen.11

Grafik: Stadium 3
  • Die T1D-Erkrankung ist nun etabliert und muss stabil mit Insulin behandelt werden.6

  • Der Körper produziert kaum oder gar kein eigenes Insulin mehr.6,8

  • Um den Blutzuckerspiegel stabil zu halten, ist eine lebenslange Insulintherapie notwendig.15 Die tägliche Behandlung zielt darauf ab, den Blutzucker möglichst im Zielbereich zu halten und langfristige Folgeerkrankungen zu vermeiden.
Grafik: Stadium 4

Eins von ca. 350 Kindern hat einen noch unentdeckten T1D im Frühstadium16,17


In den frühen Stadien von T1D gibt es noch keine Symptome, aber die Erkrankung kann bereits entdeckt werden. Früherkennung hilft, eine diabetische Ketoazidose zu verhindern und den besten Zeitpunkt für den Beginn der Insulintherapie zu finden.2-5

Die Diagnose T1D erst im Stadium 3 zu erhalten, ist oft überfordernd, da der Lebensstil sehr plötzlich umgestellt werden muss und eine Insulintherapie erforderlich wird. Die Früherkennung gibt Betroffenen die Möglichkeit, sich mit der Diagnose vertraut zu machen und ermöglicht eine individuelle Anpassung ohne Zeitdruck an ein Leben mit T1D.18-20

Grafik: Krankheitsentwicklung bei T1D – ein Autoimmunprozess in Phasen2-5

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T1D entwickelt sich über 4 Stadien. Die ersten zwei Stadien verlaufen symptomfrei, erst im 3. Stadium treten Symptome auf.2-5,10

Über die 3 Stadien der Erkrankung hinweg nimmt die Zahl der intakten insulinproduzierenden Zellen (sogenannte Betazellen) ab. Während in Stadium 1 der Blutzuckerspiegel noch normal ist (Normoglykämie), geht Stadium 2 bereits mit einer Störung des Zuckerstoffwechsels einher, ohne Symptome auszulösen (Dysglykämie).10,12 Im Stadium 3 sind die insulinproduzierenden Zellen so weit zerstört, dass die Bauchspeicheldrüse nur wenig bis kein Insulin ausschütten kann. Der Blutzuckerspiegel ist stark erhöht (Hyperglykämie), was meistens zu Symptomen führt und eine Insulingabe erforderlich macht.10,12,15


Die im Rahmen des Immunprozesses gegen die insulinproduzierenden Zellen entstehenden Antikörper können schon Jahre vor dem Auftreten von Symptomen und der Erhöhung des Blutzuckerspiegels im Blut von Menschen mit T1D nachgewiesen werden. Dadurch kann T1D bereits in Stadium 1 und 2 festgestellt werden.2-5,10

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Video: Wie das Immunsystem insulinproduzierende Zellen zerstört und T1D verursacht

Jetzt teilnehmen: Laufende Früherkennungs­studien

Die Fr1da-Studie ist eine unabhängige wissenschaftliche Studie des Helmholtz Munich.


Alle Kinder im Alter von 2 bis 10 Jahren können sich – je nach regionaler Verfügbarkeit – in der Fr1da-Studie freiwillig und kostenlos auf T1D-Autoantikörper testen lassen.

Mehr zur Fr1da-Studie


Menschen im Alter von 1 bis 21 Jahren, die Verwandte 1. oder 2. Grades mit Typ-1-Diabetes haben und in Deutschland leben, können sich deutschlandweit kostenlos auf T1D-Autoantikörper testen lassen.

Mehr zur Fr1da-Studie für Verwandte

Referenzen

# Autoantikörper gegen Betazell-Autoantigene (Insulin, Glutamatdecarboxylase [GAD65], Insulinoma-assoziiertes Antigen 2 [IA-2] oder Zinktransporter 8 [ZnT8]) im Patientenserum nachgewiesen.10

† Nüchternplasmaglukose 100–125 mg/dl (5,6–6,9 mmol/l) oder 2-stündige Plasmaglukose während eines oralen Glukosetoleranz-Tests (oGTT) 140–199 mg/dl (7,8–11,0 mmol/l) oder HbA1c 5,7 %– 6,4 % (39–47 mmol/mol) oder ≥ 10 % Anstieg des HbA1c.12

‡ Häufige Symptome von T1D sind starker Durst, häufiges Wasserlassen, starke Müdigkeit, verschwommenes Sehen und Gewichtsverlust.10,15

§ Bei einigen Personen mit zuvor bestätigten multiplen Autoantikörpern kann eine Rückkehr zu einem singulären oder negativen Autoantikörperstatus auftreten.22

& Bei einigen Patient*innen können Autoantikörper im T1D-Stadium 3 fehlen.12

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MAT-DE-2504201-1.0-10/2025